BMCR 2022.02.34

Collected papers on Suetonius

, Collected papers on Suetonius. Abingdon; New York: Routledge, 2021. Pp. 306. ISBN 9780367555658. $128.00.

[The Table of contents is listed below.]

Tristan Power hat sich in den letzten Jahren sehr engagiert mit verschiedenen Aspekten von Suetons Œuvre beschäftigt und dabei in verdienstvoller Weise neben den Kaiserbiographien auch immer die kleineren Schriften, zumal De viris illustribus, mit in den Blick genommen. Da die meisten seiner Arbeiten einzelnen Details der betreffenden Werke gelten, sind diese als Beiträge in – international renommierten – Zeitschriften oder Sammelbänden und nicht in der Form einer Monographie erschienen. Diese werden in dem hier zu besprechenden Band nun in einer leicht überarbeiteten Form wiederabgedruckt,[1] wobei die Aktualisierung nicht zuletzt durch die durchgängige Berücksichtigung der neuen maßgeblichen Textausgabe von Robert Kaster notwendig wurde.[2] Zugleich werden diese 21 zuvor publizierten Arbeiten aber auch um elf neue (zumeist recht kurze) Beiträge ergänzt.[3] Auch mit diesen Ergänzungen geht nicht der Anspruch einher, eine integrale Gesamtdarstellung Suetons zu bieten. Die einzelnen Beobachtungen fügen sich aber dennoch zu einem kohärenten Bild des Biographen, der als ein Schriftsteller mit eigener Meinung und der Möglichkeit, dieser mit passenden sprachlichen Mitteln und literarischen Techniken überzeugend Ausdruck zu verleihen, präsentiert wird.[4]

Damit wendet sich P. ganz bewusst auch gegen die in der älteren Forschung dominierende Einschätzung Suetons als eines nur mäßig talentierten und wenig selbstbewussten Autors, dessen Ausführungen daher stark von seinen jeweiligen Quellen beeinflusst gewesen seien. Diese Neubewertung kann als generelle Tendenz der jüngeren Forschung gelten und wird auch vom Rezensenten für ebenso angebracht wie angemessen gehalten. Gleichwohl ist das Bemühen um eine möglichst umfassende Rehabilitierung Suetons hier besonders deutlich zu spüren. Diese menschlich verständliche und zudem sympathische Haltung kann allerdings selbst wiederum mit der Überbetonung derjenigen Punkte einhergehen, die den jeweiligen Autor in ein positives Licht zu rücken vermögen, was sich vor allem in dem Versuch zeigt, Sueton im Vergleich mit den heute prominenteren Zeitgenossen wie Plinius dem Jüngeren, aber auch mit dem Historiker Tacitus zu seinem Recht kommen zu lassen.

Neben einem Vorwort, in dem das Anliegen des Verfassers gut auf den Punkt gebracht wird, und einer Einleitung, die sich mit dem Bild beschäftigt, das sich aus Suetons Erwähnungen in den Pliniusbriefen für seine ersten Schritte als Schriftsteller ergibt, und eine entsprechend positivere Deutung vorschlägt, besteht das Buch aus vier Kapiteln, die je acht fortlaufend nummerierte Beiträge enthalten. Das erste ist den viri illustres gewidmet und beschäftigt sich zu Beginn nochmals mit dem plinianischen Blick auf den frühen Sueton. Auf diesen ersten Beitrag, der die kleinen Schriften im Ganzen in den Blick nimmt, folgen in den weiteren Abschnitten vor allem Beobachtungen zu einzelnen Stellen, die dem jeweiligen Inhalt, der Textüberlieferung oder literarischen Technik gelten. Das zweite Kapitel beschäftigt sich dann noch einmal gesondert mit Anspielungen auf poetische Texte, weil es sich hierbei, wie anhand der besprochenen Beispiele deutlich wird, um eine sowohl in den viri illustres als auch in den Caesares häufiger zu beobachtende Technik handelt. Ebenfalls aus allen Werken Suetons stammen die Stellen, für die P. im dritten Kapitel Lösungen für textkritische Probleme vorschlägt. Besonders hier zeigt sich der Vorteil, der mit der Aktualisierung auch der älteren Beiträge mit Blick auf die jetzt maßgebliche Edition von Kaster verbunden ist. Das vierte und letzte Kapitel legt den Fokus hingegen wieder stärker auf inhaltliche Aspekte und behandelt darüber hinaus auch Fragen aus der Biographie des Autors, wie etwa die berühmt-berüchtigte Notiz seiner Entlassung wegen eines angeblichen Skandals am kaiserlichen Hofe, die von der sog. Historia Augusta überliefert (Hadrian. 11,3) und von P. auf der Basis bisheriger Deutungen einer kritischen Neuinterpretation unterzogen wird. Wie gründlich dabei hier wie an den anderen Stellen die Forschung einbezogen wird, zeigt dabei nicht zuletzt das ebenso umfassende wie aktuelle Literaturverzeichnis (S. 243-282).

Das zuletzt erwähnte Beispiel kann aber abschließend auch gut herangezogen werden, um den Ansatz des vorliegenden Bandes generell zu charakterisieren: In vielen der hier versammelten Beiträge wendet sich P. beherzt den größeren und kleineren Problemen beim Verständnis von Suetons Werken zu und schlägt dabei auch für solche Fragen, die in der Forschung schon seit längerer Zeit diskutiert werden, oft originelle, aber stets gut begründete Antworten vor. Dass damit dennoch nicht zu jedem Rätsel das letzte Wort gesprochen ist und nicht alle Lösungen auf das gleiche Maß an Akzeptanz stoßen werden, dürfte eine kaum überraschende Feststellung sein. Dennoch verdeutlicht dieses Buch eindrucksvoll, wie sehr die Diskussion zu Sueton in den letzten Jahren bereits von den Arbeiten des Verfassers profitiert hat und es in Zukunft dank der handlichen Präsentation in der vorliegenden Form noch mehr tun wird.

Inhaltsverzeichnis

Preface   ix-xiii
Editions and Abbreviations   xv-xvii
Introduction: Suetonius’ Early Life in Pliny’s Letters   1

Part I: Illustrious Men   15
1   Pliny, Letters 5.10 and the Literary Career of Suetonius     17
2   Two Acrostics by Late Republican Poets in Suetonius   46
3   Calvus’ poetry in Suetonius and Pliny, Letters 5.3   53
4   Horace and the Gladiators Bithus and Bacchius   57
5   Juvenal, Satires 3.74 and Suetonius   60
6   The Orator Memmius in Suetonius   65
7   The Sister of Passienus Crispus   71
8   Suetonius and the Date of Curtius Rufus   78

Part II: Poetic Allusions   83
9   Poetry and Fiction in Suetonius’ Illustrious Men   85
10   Caesar und Sophocles’ Electra   107
11   Pyrrhus and Priam in Suetonius’ Tiberius   110
12   Claudius’ Homeric Quotation   114
13   Galba, Onesimus, and Servitude   119
14   Priam and Pompey in Suetonius’ Galba   122
15   Galba und Priam in Tacitus’ Histories   128
16   The Servants’ Taunt: Homer and Suetonius’ Galba   133

Part III: Textual Conjectures   139
17   Suetonius, De grammaticis 13.1   141
18   Suetonius, Iul. 49.2 and Galb. 20.1   144
19   Augustus’ Mime of Life (Suetonius, Aug. 99.1)   146
20   Nero in Furs (Suet. Ner. 26)   151
21   Oedipal Nero. The Farewell Kiss   156
22   Suetonius, Galba 1: Beginning or Ending?   165
23   Vespasian’s Sexual Iliad   171
24   Helvidius Priscus in Suetonius, Domitian 10.3   174

Part IV: Suetonius History   177
25   Suetonius’ Tacitus   179
26   The Disgrace of Suetonius   201
27   Caligula and the Bludgeoned Priest   206
28   The Conspirator against Caligula   210
29   Jesus’ Flight into Egypt in Suetonius   213
30   Nero’s Cannibal (Suetonius, Nero 37.2)   229
31   Nero’s Amazons, Sporus, and Alexander   234
32   Vitellius and the Baker and Cook   239

Bilbliography   243
Index   283

Notes

[1] Nicht berücksichtigt wurden allein seine eigenen beiden Beiträge zu dem von ihm gemeinsam mit Roy Gibson herausgegeben Sammelband Suetonius the Biographer (Oxford 2014).

[2] Vgl. C. Suetoni Tranquilli De uita Caesarum libri VIII et De grammaticis et rhetoribus liber, ed. R.A. Kaster (Oxford 2016).

[3] In der fortlaufenden Zählung des Inhaltsverzeichnisses (s. unten), handelt es sich dabei um 4, 7, 10, 18, 21, 23, 26, 28, 29, 31 und 32.

[4] Vgl. S. ix: “All of the papers in the present book take a rather textual approach, examining specific passages of Suetonius’ Lives that discuss Roman literature or history, with a detailed and at times grammatical focus on his writing style, and on the manuscript variants and emendations that form part of the basis of our modern editions of his work. Through such close readings, I present a reevaluation of Suetonius as a sophisticated and engaging biographer who often evokes poetry to underscore his moralistic points, rather than simply the derivative, unoriginal reporter of his sources that he was once thought.”