Nach einer „Einleitung“ zu Thematik und Forschungsstand und den „Praeliminarien“ folgt eine „Formale Analyse der Vergleiche“; sodann konzentriert sich die Verfasserin in ihren „Einzelinterpretationen“, welche den Großteil des Buches ausmachen, zuerst auf die Hauptpersonen Caesar, Pompeius und Cato, dann auf die Soldaten, das Volk und andere Nebenfiguren; den Band beschließen eine Zusammenstellung der „Ergebnisse“, eine knappe „Zusammenfassung“, ein „Anhang“ mit einer schematischen Zusammenstellung sämtlicher gleichnishafter Partien im Bellum civile sowie Literaturverzeichnis und Stellenindex.
Methodisch bemerkenswert ist, daß sich Blaschka keineswegs auf eine Interpretation gleichnishafter Partien beschränkt, sondern immer wieder in Exkursen den Blick auf die parallele Überlieferung der bei Lucan geschilderten Ereignisse richtet und sich zu zeigen bemüht, daß Lucan mit seinen Bildern vorzugsweise diejenigen Aspekte ins Licht setzt, die er gegenüber der historischen Überlieferung forciert; auf diese Weise kommen teilweise durchaus interessante Erkenntnisse zustande, teilweise ergeben sich aber auch gewisse Wiederholungen, vor allem derjenigen Trivialität, daß Caesar in seinen Commentarii ganz und gar nicht die caesar kritischen Tendenzen Lucans antizipiert hat.
Einige Details zum Caesar Abschnitt: Die gnomischen Perfekte innerhalb eines Gleichnisses auf vergangenes Handeln Caesars zu beziehen (52) erscheint methodisch fragwürdig. Gut beobachtet ist hingegen, daß im auf Caesar bezogenen Löwengleichnis die Verwundung durch Feinde im Vergleich zu intertextuellen Vorbildern nur eine potenzielle Möglichkeit ist (64) (allerdings scheint mir die Übertragung der Begriffe σίντης bzw. δῆμος aus dem homerischen Löwengleichnis auf Caesar [65] eine allzu subtile intertextuelle Spielerei) und daß das Pferdegleichnis anders als parallele Dichtertexte auf den Zeitpunkt vor dem Losstürmen fokussiert (75). Unplausibel wirkt andererseits die Herleitung des Doppelgleichnisses „Blitz / Tigerin“ aus Cat. 64, 338ff. (106), wo es nur um den „feurigen Lauf einer Hirschkuh“ geht.
Im Pompeius Abschnitt wird zurecht die tragische Komponente des Gleichnisses vom sich zurückziehenden Stier betont, welches auf einen künftigen Erfolg des Pompeius hinzudeuten scheint (153); wenn Pompeius dagegen als Tiger verbildlicht wird, so zeichnet ihn Caesar in seinen eigenen Farben (165), wie überhaupt in der Dyrrhachium Episode, wo Pompeius Erfolge verbuchen kann, überzeugend ein Rollentausch mit Caesar in der Bildlichkeit nachgewiesen wird (190f., vgl. 233f.). Gut ist auch die Beobachtung, daß der Theatertraum des Pompeius vor der entscheidenden Schlacht bei Pharsalus bei Lucan weniger Vorzeichen (wie in der sonstigen Überlieferung) als vielmehr wehmütiger Rückblick ist (211). Bei der Besprechung des Motivs, daß Pompeius als Sullanus bezeichnet wird (161ff.), fragt man sich allerdings, inwiefern diese historische Aussage zur Bildersprache zu rechnen ist.
Was die Figur Catos anbelangt, so sieht Blaschka (256f.) das „Sternengleichnis“ in der Unterredung mit Brutus als genauso signifikant für diese lucanische Person an wie die berühmten Vergleiche von Caesar und Pompeius mit Blitz bzw. Eiche in der Synkrisis (vgl. auch Blaschkas Resümee zur Kohärenz dieser Bilder, 416f.); anders als Caesar und Pompeius versteht Cato sich prinzipiell als einfacher miles (263, vgl. auch das Schema 420 über das Verhältnis der drei Hauptfiguren zu ihren milites; die idiomatische Beliebtheit des generischen Singulars miles in lateinischer Dichtung [266] erklärt sich übrigens auch durch die hexameteruntaugliche Prosodie von milites).
Die Einbeziehung kollektiver Personen wie des Volkes oder der Soldatenschaft in die epische Bildlichkeit betrachtet Blaschka (407) als die literaturgeschichtliche Eigenleistung Lucans; dies werde insbesondere im vierten Buch des Bellum civile deutlich (415, vgl. 418). Gelegentlich tritt in Blaschkas Deutungen eine den Unterschied zwischen Vergleichsgegenstand und -objekt betonende und moralisch auswertende Tendenz zutage: Dem Vergleich der zunächst zur Besinnung kommenden und sich verbrüdernden Soldaten, die sich dann doch wieder dem Bürgerkrieg verschreiben, mit domestizierten Tieren, die zu ihrer angeborenen Wildheit zurückkehren, hält Blaschka entgegen, daß der Mensch eigentlich nicht wie ein Tier affektiv handeln dürfte (311f.; allerdings kann der die Truppe aufhetzende Feldherr Petreius kaum dem die Tiere zur Milde erziehenden Dompteur im Gleichnis entsprechen, wie Blaschka 313 will). Ähnlich wird das Steuermannsgleichnis bezüglich des Pompeius von Blaschka (198ff.) so ausgedeutet, daß Pompeius als Heerführer eigentlich nicht so ohne weiteres der eigenen Zaghaftigkeit nachgeben dürfte; sogar die bildlich hervorgehobene Geschicklichkeit einzelner Pompeianer konterkariert gemäß Blaschka 393ff. (vgl. 421f.) die Hilflosigkeit des Pompeius. Auch Rom dürfte sich angesichts der Ankunft Caesars eigentlich nicht so verhalten, wie es im Schiffsbruchsgleichnis beschrieben wird, da die Lage Roms zu dieser Zeit noch nicht so bedroht und aussichtlos sei (333). Ob die Bildersprache Lucans tatsächlich so stereotyp moralisierend-kritisch redet, mag dahingestellt bleiben.
Die eigentliche Schwäche des Buches liegt jedoch nicht in solchen Interpretationen, über die man öfter kontrovers diskutieren wird, sondern in der Präsentation der großzügig und zahlreich ausgeschriebenen Originaltexte.
Die Texte von anderen Autoren als Lucan bietet Blaschka zusammen mit Übersetzungen aus jeweils zitierten zweisprachigen Ausgaben, nur die lucanischen übersetzt sie selbst (46). In der erstgenannten Gruppe von Zitaten begegnet immer wieder das Problem, daß die Übersetzung nicht genau auf den Originaltext zugeschnitten ist bzw. dieser in Umfang oder Gestaltung nicht exakt mit der Übersetzung kongruiert:
S.58: Die Übersetzung des Zitats aus Vell. II 49, 2f. falsch zugeschnitten; außerdem übersetzt Giebel ohne die im Text stehende Crux.
S.69: In dem Zitat aus Plut. Caes. 32, 5ff. werden die Partizipien ἐγγίζοντα und περιφερόμενον nur durch das von Blaschka weggelassene λογισμὸς αὐτὸν εἰσῄει syntaktisch verständlich.
S.77: Ov. trist. V 9, 23ff. wird (ohne die übliche Einrückung der Pentameter) mit der Tusculum Übersetzung von Willige zitiert; dieser übersetzt mit „ob er auch zerrt und sich sträubt“ evidentermaßen nicht Latrantem, was in Blaschkas Text steht, sondern Luctantem.
S.90: Lasers Übersetzung von Flor. II 13, 21 „viel zu langsam erschienen“ bezieht sich kaum auf den danebenstehenden Text tardius aperiebant (sondern tardius apparebant ?).
S.132f.: Bei Cass. Dio XLII 35, 2f. fehlt am Ende des Zitats das syntaktisch erforderte und von Veh übersetzte πράξειν ὑπέσχετο.
S.164: Verg. Aen. IX 67f. in Blaschkas Text direkte, in Göttes Übersetzung an das Vorige angeschlossene indirekte Frage.
S.185f.: In dem Zitat aus Cass. Dio XLI 50, 4ff. müßte die Parenthese entsprechend der Übersetzung von Veh bis zu ἀπηυτομολήκεσαν reichen.
S.203: nec diutius profuit ducis salutare consilium (Flor. II 13, 42f.) nicht „dieser Plan des Anführers erwies sich nicht sehr lange als heilsam“ (Blaschka nach Laser), sondern „der (an sich) heilsame Plan des Anführers nützte nicht länger“ – ein sehr wesentlicher Unterschied im Urteil über die Taktik des Pompeius!
S.221f.: Das Sophokles Zitat bei Cass. Dio XLII 3, 3ff. müßte markiert und namhaft gemacht werden (fr. 873). S.223: Bei Cass. Dio XLII 5, 1ff. müßte vor τήν τε θάλασσαν wie in Vehs Übersetzung stark interpungiert werden.
S.271: Die Einfügung
S.272: Bei Caes. bell. civ. I 76 fehlt die gemäß der Übersetzung erforderliche starke Interpunktion zwischen praetorium und postulat.
S.288: In dem Zitat von Cass. Dio XLII 53, 1ff. μονα ohne Akzent; zudem bleibt ὡς μηδὲν δῆθεν αὐτῶν δεόμενος unübersetzt.
S.300: sparsae magis quam oppressae vires erant (Flor. II 13, 65 über Pompeius) beruht motivisch sicher auf Luc. VIII 273f.
S.340f.: In der Übersetzung von Cic. Att. VII 13, 2 fehlt ein ganzer Satz.
S.353: Die Übersetzung von Plut. Caes. 32, 2f. durch W. Ax bricht zu früh ab.
S.382: In Verg. Aen. X 709 fehlt das gemäß Göttes Übersetzung syntaktisch erforderliche Komma hinter Laurentia.
Noch schlimmer steht es indes um die von Blaschka selbst übersetzten Lucan Zitate; hier offenbaren sich erhebliche Mißverständnisse; im folgenden können nur die gravierendsten Fälle aufgezählt werden:
S.10/ 344f.: rursus in II 456 nicht „zurück“, sondern „andererseits“; hiermit wird eine neue zeitliche Phase im Gleichnis eingeleitet; ferebat in dubiamque fidem Fortuna ferebat (II 461) heißt nicht einfach „trug“, sondern „nahm mit sich fort“.
S.61: In I 212 ( Per ferrum tanti securus vulneris exit) gehört Per ferrum zu exit, nicht zu vulneris („einer so großen Verwundung durch das Eisen“).
S.72: faces belli in I 262 ist Akkusativ (parallel zu Urguentes … stimulos) und nicht Nominativ (parallel zu fata), wie nach Blaschkas Übersetzung.
S.73: Solus habere potes (I 291) ist mit „sie allein besitzen mußt Du“ übersetzt.
S.100: Das sinnentscheidende Komma in der Übersetzung von III 362ff. hinter „entgegenstehen“ fehlt.
S.109: turbatos in VII 570 falsch auf Bistonas statt auf currus bezogen (Pallas entspricht hier dem Gefolge des Mars im vergilischen Vorbild Aen. XII 328ff., vgl. Blaschka 110, und wirkt ebenso aufstachelnd); nox ingens scelerum est nicht „die Nacht ist gewaltig vor Verbrechen“ (als hätte die Schlacht bei Pharsalus nachts stattgefunden), sondern metaphorisch „es herrscht eine gewaltige Nacht von Verbrechen“.
S.111: confundere vultus (VII 575) ist mit „Gesichter … schlagen“ viel zu schwach übersetzt; vielmehr „Gesichtszüge unkenntlich machen“.
S.123: scelerum in VII 797 gehört zu spectacula, nicht zu furens („der vor Verbrechen Wahnsinnige“).
S.128: In der Übersetzung von X 449ff. ist nicht nur causa sperare vetante falsch bezogen, sondern auch fatumque sibi promisit iniquum mit „sich kein ungünstiges Schicksal versprach“ sinnwidrig übersetzt; Caesar vertraut nach der zynischen Betrachtungsweise Lucans gerade auf das (für Rom) ungünstige Geschick.
S.130: fugaeque in X 465 ist nicht mit metuens („ihre Flucht fürchtete“) zu verbinden, sondern nur mit ultorem (Medea fürchtet einen Rächer für ihre Flucht aus dem Vaterland).
S.149: viribus impar in II 607 wird übersetzt, als ob es Dativ wäre.
S.171: III 286 im Text Xerses (sic) nach Cyrus; in der Übersetzung generisch wiedergegeben mit „der Perser“.
S.175: adest in VI 266f. latus alti/ Montis adest (sc. mare bzw. unda) wird falsch von adesse („zugegen ist“) statt von adedere abgeleitet.
S.178: pleno … ore in VI 272 ( pleno Padus ore tumens) mit „an der reichen Küste“ statt „mit voller Mündung“ übersetzt.
S.191: leviore manu in VIII 271 ist nicht mit tenebit (wie in Blaschkas Übersetzung), sondern mit pulsum zu verbinden; Pompeius meint, er sei von der Fortuna „mit leichterer Hand geschlagen“ als Marius.
S.193: barbara …/ Foedera in VIII 311f. ( Quod si nos Eoa fides et barbara fallent/ Foedera) Subjekt zu fallent (neben Eoa fides), nicht Objekt („wenn also die morgenländische Treue uns täuschen und die barbarischen Verträge brechen wird“). Blaschkas Übersetzung würde übrigens den Singular fallet erfordern.
S.197: pugnare ducem quam vincere malunt (VII 109) nicht „sie wollen, daß ihr Feldherr lieber kämpft als siegt“, sondern „sie wollen mehr, daß ihr Feldherr kämpft als daß er siegt“.
S.218: Der Text von VIII 860f. unverständlich, weil es und iaces unverknüpft und ohne trennende Interpunktion nebeneinanderstehen; Blaschkas kausale Übersetzung mit „weil“ kaschiert die mangelnde Textkonstitution.
S.231f.: frons … senatus (IX 207) nicht „Frontstellung des Senats“, sondern „vordergründige Machtstellung des Senats“. Vgl. OLD s.v. frons 4 b.
S.239: iuvat (II 299) nicht „hilft“ (sc. dolor), sondern unpersönlich „es macht Freude“ (paradoxe Freude bei der Ausführung von Trauergesten).
S.250: In der Junktur dignissimus aris,/ Roma, tuis (IX 601f.) ist aris nicht Dativ („deinen Altären … der Würdigste“), sondern natürlich Ablativ.
S.276: nervis (IV 286) nicht „Nerven“, sondern „Muskeln“; wie kann conamen im folgenden Vers „Sicherheit“ heißen?
S.317f.: inexpertis (IV 555) fälschlich mit primum verbunden und sinnwidrig durch „mit ihren erstmals erprobten Zauberkräutern“ übersetzt.
S.355: quantis … cladibus …/ Constatura (II 16f.) nicht „in welch großem Unheil … sich zu zeigen“, sondern „welch große Katastrophen … kosten“.
S.389: foeda in nudataque foeda/ Terga fuga (IV 713f.) gehört sicher als Ablativ zu fuga, nicht zu Terga; suam … famam (IV 718) ist mit „Kunde über ihn“, nicht mit „sein Gerede“ zu übersetzen.
S.392: ut veteris (VI 281) syntaktisch unmöglich auf signa statt auf ruinae bezogen.
Auch sonst begegnen gelegentlich sprachliche Unrichtigkeiten im Lateinischen (361 caelicoli statt caelicolae; 390f. aspidae statt aspides) und Ungeschicklichkeiten im deutschen Ausdruck (51 „kompatibel für“; 62 „Mahnung … an dieses nefas …“; 172 „mit einer solchen Kampfesstärke … aufbieten“ [intransitiv], gemeint wohl „aufwarten“; 334 „das Verhalten … als impius gekennzeichnet“; 422f.: intransitiv verwendetes „pervertieren“); auf S.200/ 405 findet sich mehrfach die Schreibung Phaeton; Schreib- und Druckfehler können hier nicht im einzelnen behandelt werden. Warum Luc. IV 708 qua stetit inde favet in einer Überschrift (308) metrisch entstellt mit dem Perfekt favit zitiert wird, erschließt sich nicht.
Sachlich wird man den Erörterungen Blaschkas über die lucanische Bildersprache, die zwar selten punktuell Neuartiges hervorbringen, aber doch die innere Kohärenz der Bildlichkeit Lucans an reichem Material mit eindringlichen Interpretationen dartun und dabei auch die Diversität der historischen Überlieferung nicht ausblenden, literaturwissenschaftliche Verdienste keineswegs absprechen; sprachlich – besonders bei der Übersetzung der Lucan Zitate – hätte man sich aber etwas mehr Sorgfalt gewünscht.