Den in den Jahren 1971 bis 1982 erschienen drei Bänden des Textbook of Syrian Semitic Inscriptions, in denen J.C.L. Gibson hebräische und moabitische, aramäische und phönizische Inschriften für die Wissenschaft und den akademischen Unterricht aufbereitet hatte, gesellt sich jetzt ein vierter Band mit aramäischen Inschriften und Dokumenten der römischen Zeit hinzu. Der Bearbeiter, John F. Healey, musste hierbei angesichts der Anzahl von über 10 000 Inschriften aus diesem Bereich eine repräsentative Auswahl der Quellen vornehmen. Dies ist ihm grundsätzlich gelungen, so dass er den Leserinnnen und Lesern des Bandes insgesamt 80 unterschiedliche Inschriften präsentieren kann. Im Unterschied zu den ersten drei Bänden des Textbook of Syrian Semitic Inscriptions, in denen nur Inschriften auf Stein, Ton und Metall geboten sind, werden von Healey jetzt auch Inschriften auf Pergament und Papyrus vorgestellt.
Als Ziel seiner Arbeit umschreibt der Verfasser mit „to present an introductory collection of inscriptions with a commentary limited to major issues involved.” (V).
Angesichts des sehr disparaten geographischen und kulturhistorischen Raumes von Nordarabien bis zum südlichen Anatolien und nördlichen Mesopotamien setzt der Band mit einer ausführlichen Einleitung ein. In der „Historical and Cultural Introduction“ (1-25) werden die Nabatene, Judäa, Palmyra, Edessa und Hatra historisch präsentiert sowie Aspekte der Literalität und Bilingualität, Ethnizität, Recht und Religion, Datierung und Kalender behandelt. Sodann geht es in einer „Epigraphic and Linguistic Introduction“ (26-51) um Fragen von Schriften und Sprachen. Ergänzt werden diese Erläuterungen durch eine Karte (4), sowie Tabellen zu den Schriften (30f) und Dialekten (51).
Das Textmaterial gliedert sich in 5 Untergruppen, in denen folgende Inschriften vorgestellt werden: Nabatäische Inschriften und Papyri, jüdisch (palästinische) aramäische Inschriften und Papyri, palmyrenische Inschriften, frühsyrische (im Aramäischen von Edessa) verfasste Inschriften und Pergamente sowie Inschriften aus Hatra. Dem Abdruck jeder Inschrift sind eine allgemeine Einführung zu ihrer Lokalisierung bzw. zu ihrem Fundort sowie eine Übersicht der wichtigsten Bearbeitungen vorangestellt. Dann kommt der ins Lateinische transkribierte Text mit einer englischen Übersetzung. Es folgen sodann Einzelerklärungen der diversen Termini bzw. grammatischen Formen mit Literaturangaben und Querverweisen. Bei den griechisch-semitischen Bilinguen, die besonders häufig in Palmyra auftreten, wird der griechische Text nur übersetzt, wenn er sehr kurz ist oder über den semitischen Text Weiteres zum Inhalt beiträgt. Unter epigraphischen oder philologischen Aspekten erfolgt keine Diskussion. Im Falle von Rechtstexten wird dankenswerterweise die rechtliche Situation erklärt. Abgeschlossen wird der Band durch ausgewählte Faksimiles und Schwarzweißfotos, sodann lexikalische Indices, die nach den diversen Sprachen aufgeteilt sind, sowie die Bibliographie der verwendeten Literatur.
Versucht man zu einer Bewertung zu kommen, so sind folgende Punkte zu sehen: Die historischen und epigraphisch-philologischen Einführungen sind sehr gründlich und auf dem Stand der Forschung. Sie bewirken, dass die Präsentation der Inschriften nicht in der Luft hängt, sondern die Texte klar zu verorten sind. Hierin besteht ein großer Vorteil zu den bisherigen TSSI-Bänden. Der Bearbeitung jeder Inschrift sieht man zudem an, dass John F. Healey über eine reichhaltige epigraphische Erfahrung verfügt, insbesondere im Nabatäischen und Syrischen, eine Erfahrung, die auch dem vorliegenden Band sehr zustatten kommt. Des Weiteren ist positiv ist hervorzuheben, dass die Einführung in die jeweiligen Inschriften mehr Raum erhält als dies bislang der Fall war. Ebenso fällt auf, dass nicht mehr die Quadratschrift verwendet wird, lediglich die jüdisch palästinisch-aramäischen Texte in Quadratschrift stehen bzw. die syrischen in Estrangela. Als Grund dafür führt Healey an, dass es heutzutage unangemessen sei, das epigraphische Erbe Jordaniens, Saudi-Arabiens, Syriens und des Irak als einen Zweig des Hebräischen bzw. der Bibelstudien darzustellen. Dies wäre ein „outdated orientalism and biblicism“ (VIII). Dieser Einschätzung sowie den daraus sich ergebenden Folgen kann man nur zustimmen.
In den bisherigen drei Bänden des Textbook of Syrian Semitic Inscriptions wurden Inschriften und Übersetzung auf den gegenüberliegenden Seiten mit identischer Zeilenzählung geboten. Gerade für Anfänger und Nutzer mit geringen bzw. sogar keinen Kenntnissen der entsprechenden semitischen Sprache war hier doch die Möglichkeit gegeben, Übersetzung und Inschrift miteinander in Beziehung zu setzen. Dies ist im vorliegenden Band deutlich schwieriger, da die englische Übersetzung keine Zeilenzählung aufweist.
Die Auswahl der Inschriften scheint mir insgesamt gelungen zu sein, so dass ein Band vorliegt, der auf hervorragende Weise in die aramäischen Inschriften der römischen Zeit einführt.
I. Historical and Cultural Introduction
II. Epigraphic and Linguistic Introduction
III. Nabataean Aramaic Inscriptions and Papyri
Early Inscriptions
The First Century CE Petra, Ḥegra, and Madeba
Papyri from Naḥal Ḥever
Post-Nabataean Inscriptions
Inscriptions from Peripheral Areas (Egypt, Syria, Miletus)
IV. Jewish (Palestinian) Aramaic Inscriptions and Papyri
Administrative and Legal Documents
An Early Synagogue Inscription
Tomb and Ossuary Inscriptions
V. Palmyrene Inscriptions
Honorific and Dedicatory Inscriptions
The Palmyrene Tariff
Religious Dedications
Funerary Inscriptions
VI. Early Syriac (Edessan Aramaic) Inscriptions and Parchments
Early Inscriptions: Birecik and Serrin
Inscriptions from Sumatar
Funerary Inscriptions in Mosaic and on Stone from Edessa
Dedication from Edessa’s Citadel
Legal Parchments
VII. Hatran Inscriptions
Building Inscriptions
Religious Inscriptions
Statue Dedications
Legal Inscriptions