Bei dem zu besprechenden Buch handelt es sich um die englische Übersetzung der sehr anregenden Doktorarbeit von R. Varga, aus der kleinere Abschnitte bereits an anderer Stelle veröffentlicht worden sind.1 Da bisher noch keine Monographie zu den Peregrini im römischen Dakien vorliegt, zählt es zu den Zielen von Vargas Studie, im Rahmen dieses Themas das Material hinsichtlich der Umsetzung römischen Rechts auf Provinzebene, der Bevölkerungsstruktur der Provinz und ihrer epigraphischen Repräsentativität zusammenzustellen. Auf diese Weise möchte die Autorin einen Beitrag zum Gesamtbild des gesellschaftlichen Lebens und der rechtlichen Realität in Dakien leisten. Dabei betrachtet sie mit den Jahren von 106 bis 212 n.Chr. den Zeitraum von der Einrichtung der Provinz bis zur Constitutio Antoniniana, durch die die rechtliche Unterscheidung zwischen Bürgern und Peregrini aufgehoben wurde. Ein Katalog der epigraphischen Zeugnisse soll darüber hinaus eine Grundlage für weitere Forschungen bieten (S.7 u. 11).
Das erste Kapitel präsentiert einen knappen Überblick über Quellenlage und Forschungsstand sowie eine Erläuterung des methodischen Vorgehens (S. 9-11).
Die folgenden beiden Kapitel sind eher theoretischer Natur und beziehen sich auf das gesamte Römische Reich, um eine Grundlage für die darauffolgenden und auf Dakien konzentrierten Untersuchungen zu bilden (S. 10). So befasst sich das zweite Kapitel mit dem Status der Peregrini (S. 13-45) und erläutert in diesem Kontext das römische Bürgerrecht, bevor es die relevanten literarischen Quellen vorstellt, wobei Varga ihren Schwerpunkt auf die Juristen Gaius und Ulpianus sowie auf das Corpus Iuris Civilis legt. Es folgt eine Einordnung der Peregrini in die römische Gesellschaft, in deren Rahmen zunächst deren Gemeinwesen vorgestellt werden, bevor Varga ihren Blick auf die besondere Situation der Peregrini in den Auxiliartruppen richtet. Das Kapitel endet schließlich mit einer Besprechung der Constitutio Antoniniana (212 n.Chr.) und einem kurzen Zwischenfazit, in dem die Autorin unterstreicht, dass die Peregrini nur de iure als eine Einheit greifbar sind, während sie sich aus sozialer, wirtschaftlicher und kultureller Perspektive in vielfältiger Weise voneinander unterscheiden konnten.
Im dritten Kapitel widmet sich Varga den mit antiker Demographie und der Repräsentativität der epigraphischen Quellen verbundenen Problemen (S. 47-58). In diesem Kontext diskutiert sie anhand von Beispielen aus dem gesamten Römischen Reich die Vor- und Nachteile von quantitativen Analysen und versucht die Repräsentativität epigraphischer Quellen für das Imperium Romanum zu erörtern sowie die Grenzen der Vertrauenswürdigkeit statistischer Auswertungen festzulegen. Die Autorin beginnt mit Überlegungen zu Schätzungen von Bevölkerungsgrößen und der durchschnittlichen Lebenserwartung, wobei sie in beiden Fällen auch die in der Forschung ins Spiel gebrachten Zahlen zum römischen Dakien thematisiert. Hinsichtlich der Repräsentativität epigraphischer Quellen verweist sie auf die allseits bekannten Schwierigkeiten, warnt aber auch vor übertriebener Skepsis. Als besonders interessant stellt Varga den Umstand heraus, dass in Dakien aus epigraphischer Perspektive verschiedene Besonderheiten auftreten, wie etwa der Umstand, dass sich nur äußerst wenige indigene Namen auf Inschriften finden. Auch auf Peregrini bezogen weisen in anderen europäischen Provinzen des Imperiums die Namen in der Regel lokale vorrömische Wurzeln auf, doch trifft dies ebenfalls nicht auf Dakien zu.2 Hinsichtlich ihrer weiteren Untersuchung kommt die Autorin auf Basis der in diesem Kapitel gewonnenen Erkenntnisse zu dem Schluss, dass das epigraphische Material für das römische Dakien zwar vergleichsweise umfangreich ist, es insgesamt betrachtet aber dennoch nur relativ wenige Menschen waren, die hier in Form von Inschriften in Erscheinung traten (S. 57: „marginal epigraphy“). Im Fall der namentlich auf epigraphischen Zeugnissen belegten Peregrini, auf die mindestens 15% der Inschriften mit Personennamen fallen,3 habe es sich um Angehörige der „Mittelklasse“ der Provinz gehandelt, die aus verschiedenen Perspektiven betrachtet innerhalb der Gesamtgruppe der Nicht-Bürger Dakiens als außergewöhnlich zu betrachten seien (S. 58).
Mit den folgenden drei Kapiteln wendet sich Varga nun ihrer konkreten Untersuchung der Peregrini im römischen Dakien zu und beginnt mit einem umfassenden Überblick über die bezeugten Angehörigen dieser Gruppe, wobei sie einen Großteil der auf instrumenta überlieferten Namen als zu problematisch einstuft, um sie in ihre Untersuchung miteinzubeziehen. Es zeigt sich schnell, dass einerseits relativ viele Peregrini eine Verbindung zum Militär aufweisen (25%) und dass andererseits ein Großteil des zur Verfügung stehenden Materials aus Alburnus Maior stammt (28%), wo besonders viele Peregrini lebten. Daher bietet Varga in Kapitel 4 zunächst einen Überblick über das gesamte Material (S. 59-86), bevor sie sich in den folgenden Kapiteln noch einmal gesondert mit dem Themenkomplex Militär beziehungsweise mit der Überlieferung aus Alburnus Maior auseinandersetzt. Nach weiteren Vorbemerkungen zum quantitativen Ansatz der Studie werden Grabinschriften und Weihungen näher beleuchtet, bevor onomastische Untersuchungen folgen, die wiederum mit einigen methodischen Überlegungen eingeleitet werden. Die Auswertung der Namen ergibt schließlich, dass 36% der inschriftlich bezeugten Peregrini in Dakien einen römischen Namen trugen, 24% einen illyrischen, 16% einen griechischen, 12% einen keltischen, 7% einen thrakischen, 4% einen semitischen und 1% einen dakischen.4 Hier zeigt sich, wie stark die besonderen Umstände in einzelnen Ortschaften das Gesamtbild beeinflussen können, ist doch die verhältnismäßig hohe Zahl an illyrischen Namen primär auf Alburnus Maior zurückzuführen. Klammert man diesen Ort in der Untersuchung aus, sind nur noch 7% der in Dakien bezeugten peregrinen Eigennamen illyrischen Ursprungs, während es mit Alburnus Maior beachtliche 24% sind. Anhand einer Diskussion der besonderen Schwierigkeiten, die bei der Zuordnung weiblicher Namen, bei der Einordnung spezieller Einzelfälle sowie bei der Handhabung von supernomina auftreten, erläutert Varga im Weiteren ihre Arbeitsweise. Im Anschluss daran werden die römischen, griechischen, illyrischen, keltischen, thrakischen, semitischen und dakischen Namensgruppen jeweils für sich behandelt, die innere Vielfalt der jeweiligen Gruppen thematisiert und Überlegungen angestellt, in welchen Fällen die Namen auf die ethnische Zugehörigkeit ihrer Träger schließen lassen.
In Kapitel 5 legt Varga nun ihr Hauptaugenmerk auf die Peregrini, die in einer Verbindung mit dem Militär standen, sei es als Soldaten oder als deren Angehörige (S. 87-98). In diesem Zusammenhang diskutiert sie Militärdiplome, Grabmonumente und Weihinschriften, bevor sie schließlich die 135 überlieferten Namen auswertet. Die Autorin weist den Auxiliartruppen eine große Bedeutung für ihre Untersuchung bei, da diese einerseits zur Romanisierung beitrugen und andererseits die einzige soziale und berufliche Institution waren, aus der römische Bürger hervorgehen konnten (S. 87).
Kapitel 6 widmet sich daran anschließend den Gemeinwesen der Peregrini (S. 99-113), wobei Varga gleich zu Beginn die Problematik thematisiert, dass sich zwar nachweisen lasse, dass diese eher in den ländlichen Gebieten gelegen hätten, sich in der Regel jedoch nicht mit Sicherheit sagen lässt, ob eine konkrete Siedlung nun peregrin gewesen ist oder nicht. Eine Ausnahme bildet diesbezüglich das bereits oben angesprochene Alburnus Maior, bei dem es sich wohl um ein vicus gehandelt haben dürfte, in dem überdurchschnittlich viele Menschen mit illyrischen Namen lebten. Wie schon im Kapitel zuvor stellt die Autorin auch hier wieder die wichtigsten Informationsträger vor, bei denen es sich um Wachstafeln, Weihinschriften und Grabmonumente handelt, bevor sie zu onomastischen Überlegungen übergeht. In einem Zwischenfazit unterstreicht Varga die besondere Situation, dass man einerseits aufgrund der Quellenlage nicht viel über peregrine Gemeinwesen in Dakien sagen kann, während andererseits mit Alburnus Maior zumindest dieses Gemeinwesen zwar relativ viele epigraphische Zeugnisse hinterlassen hat, es sich aber aufgrund der deutlichen illyrischen Prägung des Ortes um eine besondere Situation handelt, sodass hier gewonnene Erkenntnisse nur mit äußerster Vorsicht auf die gesamte Provinz übertragen werden können.
Im kurzen Schlusskapitel (S. 115f.) konzentriert sich Varga auf zwei zentrale Fragen: Wer waren die epigraphisch bezeugten Peregrini und welche Rolle spielten sie innerhalb der Gesellschaft der Provinz Dakien? Als Besonderheit wird in diesem Kontext erneut darauf verwiesen, dass sich in der hier relevanten Zeit zwar Daker innerhalb der Provinz archäologisch nachweisen lassen, sie aber offensichtlich so gut wie überhaupt nicht epigraphisch in Erscheinung traten. Als ein eher unerwartetes Ergebnis betrachtet die Autorin darüber hinaus, dass die Peregrini in Dakien wesentlich deutlichere epigraphische Spuren in ländlichen als in urbanen Gebieten hinterlassen haben. Grundsätzlich stammen die Zeugnisse trotz des rechtlichen Status der Peregrini nicht von Angehörigen der Unterschicht, sondern von Menschen, die Varga vorsichtig als „Mittelschicht“ der Provinzgesellschaft einstuft. Schließlich wird erneut die große Heterogenität innerhalb der Gruppe der Peregrini hervorgehoben und darauf verwiesen, dass die vorliegende Studie einen ersten Schritt zu intensiveren Untersuchungen der Mittelschicht der betreffenden Region darstellt.
Es folgt ein Katalog, in dem die 398 namentlich belegten Peregrini, die die Grundlage der Studie bildeten, aufgeführt werden (S. 117-137). Neben den Namen der Personen werden – insofern möglich – die Herkunft des Namens, die Herkunft der Namen der Eltern, die Truppenzugehörigkeit, der Bezug zwischen den genannten Personen (z.B. zwischen Verstorbenen und den Stiftern von Grabmonumenten), namentlich aufgeführte Gottheiten, die Inschriftenart, besondere Anmerkungen, der Entdeckungsort und schließlich die Nummer aufgelistet, unter der die betreffende Person im Supplementum Epigraphicum zu finden ist (S. 139-152). Dieser epigraphische Anhang bietet die Texte von den 269 Inschriften, innerhalb derer die 398 Peregrini Erwähnung finden. Die durchaus sinnvolle Entscheidung, den Katalog inklusive der Inschriftentexte mit in die Publikation aufzunehmen, beruht auf dem Umstand, dass einige der für die Studie relevanten Inschriften nicht in den gängigen Sammlungen zu finden sind, während sich die Inschriften, die dort aufgenommen sind, auf mehrere Werke verteilen (S. 11).
Das Buch endet schließlich mit einem Abkürzungs- (S. 153f.) und einem Literaturverzeichnis (S. 155-168).
Die mehrfach im Buch thematisierten methodischen Überlegungen machen einerseits die Arbeitsweise der Autorin transparent und belegen andererseits ihr großes Problembewusstsein hinsichtlich der Quellenlage. So geht Varga in ihrer Studie äußerst überlegt vor, wählt Begriffe mit Bedacht und kommt auf diese Weise zu ausgewogenen und vorsichtigen Urteilen. Erscheinen ihr Quellen zu unsicher – wie etwa die oben angesprochenen instrumenta –, finden diese in der Untersuchung nur am Rande Berücksichtigung, um die Wahrscheinlichkeit der Verfälschung von Ergebnissen so weit wie eben möglich zu minimieren. 15 Diagramme helfen dabei, die Resultate der statistischen Auswertungen verständlicher zu machen, wobei allerdings nicht immer die übersichtlichste Form der Darstellung gewählt wurde. Schließlich sei noch angemerkt, dass das Buch auch optisch schön gestaltet ist. So sind auf der Vorderseite graue Umrisse von nicht näher beschreibbaren Menschen zu sehen, während auf der Rückseite zwei von diesen nun farbig und im Detail präsentiert werden. Dies umschreibt auf durchaus sympathische Weise den Erkenntnisgewinn, den Vargas Studie in Bezug auf die Peregrini im römischen Dakien bietet.
Notes
1. Das Unterkapitel „Cives Romani Latinive cives?” (S. 19-23) und Teile des Unterkapitels „Constitutio Antoniniana“ (S. 41-44) wurden bereits in den Jahren 2011 und 2012 in Sammelbänden publiziert.
2. In Bezug auf den inschriftlich bezeugten Decebalus Luci (ILD 325) verweist Varga auf den Umstand, dass man nicht mit Sicherheit von einer dakischen Herkunft ausgehen könne (S. 57 Anm. 390). Vgl. zu Decebalus Luci auch S. 84f.
3. In einer Graphik auf S. 57 weist Varga 75% der Inschriften römischen Bürgern zu, 15% den Peregrini und 2% den Sklaven, während die Zuweisung der restlichen 8% ungewiss bleiben muss.
4. Die Auswertung bezieht sich auf die 96% der peregrinen Namen, bei denen es der Autorin möglich war, dem Namen eine ethnische Herkunft zuzuordnen.