BMCR 2005.09.76

Ägyptens späte Blüte: die Römer am Nil. Unter Mitarbeit von C. Fluck und G. Vittmann. Sonderbände der Antiken Welt. Zaberns Bildbände zur Archäologie

, , , Ägyptens späte Blüte : die Römer am Nil. Sonderbände der Antiken Welt. Mainz am Rhein: Philipp von Zabern, 2004. 131 pages : illustrations ; 30 cm.. ISBN 3805332769. €41.00.

Namentlich in älteren Gesamtdarstellungen zur ägyptischen Geschichte werden die Epochen der Spätzeit und der makedonischen bzw. römischen Fremdherrschaften mehr als stiefmütterlich behandelt: Entweder sie werden als Zeiten des Niederganges und kulturellen Verfalls charakterisiert, oder sie werden gar ausgeblendet, indem man die Geschichte Ägyptens mit der Eroberung des Landes durch den Achaimeniden Kambyses 525 v. u. Z. enden läßt.1 Nicht erst in der jüngsten Zeit hat sich dieser Trend allerdings gewandelt. Aus den verschiedenen Fachrichtungen, die von dem vorliegenden Forschungsfeld berührt werden, liefern Wissenschaftler Beiträge zur Geschichte, Kultur, Religion und anderen Aspekten des spätzeitlichen und griechisch-römischen Ägypten, seien es Ägyptologen, Althistoriker, Klassische Archäologen oder andere. Dabei wird zunehmend die “Vermischung” der ägyptischen Kultur mit fremden Einflüssen thematisiert, ebenso wie auch der ägyptische Einfluß außerhalb des Nillandes.2 Auch das vorliegende Buch widmet sich der Aufgabe, sowohl die Entwicklung verschiedener Bereiche der ägyptischen Gesellschaft unter römischer Herrschaft, als auch die Rückwirkungen Ägyptens auf Rom zu untersuchen, freilich mit stark unterschiedlicher Gewichtung. In der Einleitung weisen die drei Autoren K. Lembke (K.L.), Cäcilia Fluck (C.F.) und Günter Vittmann (G.V.) mit Blick auf die Verwaltung, den Kult und die “Lebenswelt” dann auch auf den besonderen Status Ägyptens unter den Provinzen des Imperium Romanum hin (S. 3): “Schon auf den ersten Blick eröffnet sich dem heutigen Betrachter also die Sonderrolle, die das Land selbst nach dem Verlust seiner Unabhängigkeit einnahm.”

Die Arbeit gliedert sich in acht Abschnitte. Im ersten Kapitel wird knapp die Geschichte Ägyptens unter römischer Herrschaft von der Eroberung durch Octavian bis zu den Reformen des Diokletian geschildert (S. 4-12). Der zweite Abschnitt befaßt sich mit der römischen Sicht auf Ägypten und die Ägypter (S. 13-25). Die Kapitel drei bis acht schließlich wenden sich einzelnen Themen innerhalb des römischen Ägypten zu: dem Städtebau, der Wohnsituation und der Infrastruktur (S. 26-36), den Tempeln und Kulten (S. 37-50), dem sepulkralen Bereich (S. 51-62), den Randgebieten Ägyptens im Westen, Osten und Süden (S. 66-84), der Schrift und der Verwaltung (G. V., S. 85-98) und abschließend der Spätantike und der Entwicklung des Christentums im römischen Ägypten (C. F., S. 99-120). Die einzelnen Kapitel sind untereinander durch kluge Überleitungen verbunden und jeweils mit einer kurzen Passage eingeleitet und zusammengefaßt, wodurch sowohl der Lesefluß als auch die Prägnanz der Texte viel gewinnen. Zusätzlich sind noch eine Karte, eine Zeittafel und ein Glossar beigegeben, die ihre Nützlichkeit bei der Lektüre des Buches gebührend unter Beweis gestellt haben. Das knappe und nach den Kapiteln geordnete Literaturverzeichnis und die Endnoten ermöglichen eine vertiefte Beschäftigung mit dem Gegenstand. Überhaupt befindet sich die Ausstattung auf einem hohen Niveau, zahlreiche meist farbige Abbildungen und Planzeichnungen unterstützen den Leser.

Die Darstellung der ägyptischen Geschichte setzt im ersten Kapitel (“Ägypten nach dem Tod Kleopatras — Ein historischer Überblick”) mit der Eroberung des Landes durch Octavian ein. Dabei wird insbesondere der Unterschied zwischen dieser Eroberung und derjenigen des Alexander hervorgehoben, da sich der Makedone in die ägyptischen Traditionen eingefügt habe, während der Römer lediglich einen Verwaltungsakt abwickelte. Hier wäre ein Hinweis auf die ähnlichen Abstammungslegenden des Augustus und des Alexander vielleicht angebracht gewesen, um zu zeigen, daß es auch Gemeinsamkeiten zwischen den beiden gab.3 Bei der anschließenden Abhandlung der Geschichte der Provinz Aegyptus bis zu ihrer Auflösung geht die Autorin mehrgleisig vor. Im Vordergrund stehen stets die Wechselwirkungen Ägyptens mit den jeweils regierenden Kaisern. Als Beispiele mögen die Anleihen eines Caligula oder Domitian bei der ptolemäisch-ägyptischen Herrschaftsauffassung einerseits, die Rezeption ägyptischer Motivik in der Villa Hadriana andererseits dienen. Damit verflochten werden die Entwicklungen in Ägypten selbst kurz skizziert, so die Niederschlagung des großen jüdischen Aufstandes 115-117 u. Z. und die Einrichtung von Boulai in den Gaumetropolen unter Septimius Severus in den Jahren 199/200. Bereits in diesem Kapitel werden die einschneidenden Ereignisse am Ende des 3. und im Laufe des 4. Jahrhunderts hervorgehoben, die Teilung der Provinz Aegyptus unter Diokletian, der als letzter Kaiser das Nilland besuchte, und das Verbot der heidnischen Kulte durch Theodosius im Jahre 391 u. Z. Das Kapitel endet mit der Feststellung, daß Religion und Politik in Ägypten auch unter der römischen Herrschaft aufs engste miteinander verwoben waren, solange die Bindung der Herrscher und der Bevölkerung an die heidnischen Kulte stabil blieb; so hätten die römischen Kaiser mit der Akzeptanz ihrer Rolle als Pharaonen die Grundlage für die ökonomische Nutzung Ägyptens gelegt.

Das zweite Kapitel (“Ägypten aus römischer Sicht — Zwischen Faszination und Ablehnung”) nimmt die Rezeption Ägyptens und der Ägypter aus der Sicht der Römer in den Blick. In augusteischer Zeit sei die Rezeption ägyptischer Motive sowohl unter modischen als auch unter machtpolitischen Gesichtspunkten zu sehen, während unter den Flaviern neben den politischen auch persönliche Bindungen der Kaiser an das Nilland bestanden hätten. Bei der Betrachtung der Ausbreitung der Isis und Osiris-Kulte im römischen Reich kommt K. L. zu dem Schluß, daß nicht das spezifisch Ägyptische, sondern vielmehr ihr Charakter als Mysterienreligion den großen Erfolg dieser Kultformen bewirkte, gepaart mit dem Reiz des Exotischen; auch seien die Reisen des Hadrian und des Septimius Severus an den Nil als persönliche Unternehmungen der Kaiser zu sehen, die allenfalls mit administrativen Neuordnungen einhergingen, nicht jedoch als offizielle Förderung ägyptischer Kulte im Reich. Der skizzierten positiven Rezeption stehen ablehnende Haltungen gegenüber. Sie begegnen vorwiegend in den Werken der römischen Dichtung, etwa bei Horaz und Vergil, aber auch bei Cicero. Die Herrschaft der Ptolemäer wurde allgemein als dekadent sowie politisch und ökonomisch als gescheitert angesehen. Als Gegenbild zur römischen Religion wurden die ägyptischen Tierkulte gezeichnet. Die Tempel ägyptischer Kulte in Rom wurden mehrfach in augusteischer und tiberischer Zeit unter dem Vorwurf geschlossen, Orte des Lasters und der Unzucht zu sein. Das Ansehen der Ägypter selbst schließlich litt verständlicherweise unter der negativen Bewertung ihrer Kulte. In ihrer ägyptischen Heimat standen sie auf der untersten gesellschaftlichen Stufe, d.h., sie hatten die größte Steuerlast zu tragen, genossen aber zugleich die geringsten politischen und sozialen Rechte; dies änderte sich erst im Jahre 212, als durch die Constitutio Antoniniana alle freien Reichsbewohner das römische Bürgerrecht erhielten.

Im dritten Kapitel (“Städtebau und Alltagsleben — Traditionen und Innovationen”) schließt K. L. mit der Behandlung der drei verschiedenen Siedlungsformen im römischen Ägypten — Polis, Gauhauptstadt und Dorf — an die zuvor beschriebene Stratifizierung der Gesellschaft – Römische Bürger, ‘Hellenen’ und ‘Ägypter’ — an und setzt beide zueinander in Beziehung. Die vier Poleis in Ägypten werden kurz besprochen und charakterisiert; es wird herausgestellt, daß ihr Ausbau bzw. im Falle von Antinoupolis ihre Gründung in hellenistischer Tradition vonstatten ging, während ägyptische Einflüsse kaum zum Tragen kamen. Für die Gauhauptstädte wird als Beispiel Hermupolis, das Zentrum des 15. oberägyptischen Gaues behandelt. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf der Beobachtung, daß die ägyptischen Heiligtümer vernachlässigt, im Gegenzug die Gebäude mit administrativen Funktionen ausgebaut wurden. Das dörfliche Leben wird anhand der Siedlungen Karanis und Soknopaiou Nesos in der Oase Fayyum beleuchtet, wo nicht nur Gebäude, sondern auch Papyri in großer Zahl auf uns gekommen sind. Hierbei wird hervorgehoben, daß im Gegensatz zu den Metropoleis kleinere, aus Lehmziegeln errichtete, dafür als Privateigentum bewohnte Häuser vorherrschten und daß die ägyptischen Heiligtümer in diesen ländlichen Siedlungen einen ungleich höheren Stellenwert genossen.

Hinsichtlich der Infrastruktur in Ägypten werden der gegenüber dem Schiffsverkehr zweitrangige Straßenbau, der in erster Linie für die Erreichbarkeit der Steinbrüche und Häfen in der Ostwüste von Bedeutung war, und die Wichtigkeit der Bewässerungssysteme erläutert; so wird hervorgehoben, daß selbst in Alexandria Süßwasser vor allem aus dem Nil gewonnen wurde, was eine gründliche Reinigung und ein gut ausgebautes und gepflegtes System von Leitungen und Zisternen nötig machte. Abgeschlossen wird das Kapitel mit der Feststellung, daß der Grad der Hellenisierung nicht von der Entfernung eines Ortes von Alexandria, sondern von dessen administrativer Einstufung abhing.

Dem hohen Stellenwert der kultischen Sphäre in Ägypten trägt das vierte Kapitel (“Tempel und Kult — Alte und neue Götter”) Rechnung. Hierbei geht K. L. wiederum in drei Schritten vor: Zunächst wird der römische Kaiserkult untersucht, dann kommen die Integration der griechischen Kulte und das Fortleben der ägyptischen Götterwelt an die Reihe. Hinsichtlich des Kaiserkultes wird festgestellt, daß sich die Römer sowohl ägyptischer, als auch hellenistischer Vorlagen bedienten, was den Typ der baulichen Anlagen wie auch die kultischen Hintergründe angeht. Die Verehrung des Imperators habe sich auf die Poleis Alexandria und Antinoupolis, ferner die Gauhauptstädte Hermupolis, Arsinoe und Oxyrhynchus konzentriert, getragen von einem hohen Anteil ortsansässiger Griechen und Römer. Dieser kommt auch bei der Betrachtung der verschiedenen Formen des Kultes für die griechischen Götter zum Tragen, da in den Orten des Fayyum eine weit überdurchschnittliche Hellenisierung zu beobachten sei. Es wird festgestellt, daß in der Chora die ägyptischen Kulte klar die Oberhand behielten. Eine flächendeckende Romanisierung wie in den anderen Provinzen des Imperiums ist in Ägypten nicht feststellbar. Als Beispiel für den Synkretismus griechischer und ägyptischer Gottheiten wird Sarapis präsentiert, der allerdings meistenteils von Griechen verehrt worden sei und dessen bedeutendste Tempel denn auch auf Grund der Konzentration griechischer Bevölkerung an diesen Orten in Alexandria, Hermupolis und bei Memphis gelegen haben. Bezüglich der ägyptischen Kulte werden verschiedene Wandlungsprozesse hervorgehoben: die Bedeutungsverschiebung vom Pharao zu den heiligen Tieren, die “Verlagerung der Identität vom Text zum Bild” durch den Niedergang der Hieroglyphenschrift bei gleichzeitiger Individualisierung menschlicher Darstellungen, Umformungen der Gottheiten, die sowohl zu Ausdifferenzierung, als auch zu “Allgöttern” führen konnten. Daneben ist eine ökonomische und politische Entmachtung der Priesterschaften und eine Zentralisierung des Tempelbauwesens zu beobachten, welches noch bis zur Regierung des Antoninus Pius florierte, wobei hier besonders Oberägypten und Unternubien hervorzuheben sind, wo in der frühen Kaiserzeit die Kontinuität des Tempelbaues der Ptolemäerzeit gewahrt wurde. Im Ganzen ist eine bruchlose Fortführung der schon in der Spät- und Ptolemäerzeit zu beobachtenden Entwicklungen festzustellen, ja selbst eine Intensivierung des Tempelbaus in Unternubien ist zu verzeichnen.

Sehr eng mit dem Kult verknüpft ist die sepulkrale Sphäre, der das fünfte Kapitel (“Gräber und Mumien — Römer im Leben, Ägypter im Tod”) gewidmet ist. Auch hier geht K. L. wieder mittels mehrerer Schritte vor, die die verschiedenen Situationen im römischen Ägypten widerspiegeln. Für das römische Alexandria wird die Übernahme der Mumifizierung durch Griechen und die Vermischung griechischer und ägyptischer Ikonographie in der sog. Großen Katakombe von Kom el-Schogafa als Indizien einer “multikulturell geprägten Gesellschaft” angeführt. Auch die Mumienporträts und die ihnen eng verwandten Denkmälergruppen können im Sinne einer solchen Multikulturalität gedeutet werden, bezeugen sie doch, daß die Sitte der Mumifizierung bei römischen und bei griechischen Personen verbreitet war, insbesondere in den Ortschaften des Fayyum. Am Beispiel des mittelägyptischen Tuna el-Gebel, der Nekropole von Hermupolis, kann zum einen ein Unterschied in der Dekoration gegenüber den Anlagen in Alexandria, zum anderen ein Wandel in der Bauweise gegenüber dem ptolemäerzeitlichen Tuna el-Gebel festgestellt werden. Hier sind die oberirdischen Teile der Grabanlagen nämlich aus Ziegeln errichtet, nachempfunden den Wohnhäusern und nicht mehr den steinernen Tempeln, und größtenteils mit Inkrustationen geschmückt, die wertvolle Gesteine imitieren sollen. Nur manchmal sind ihnen figürliche Malereien beigegeben, in denen der oder die Verstorbene in römischem Habitus inmitten ägyptischer Götter in Szenen des Totenbuches zu sehen ist. Ob man allerdings so weit gehen kann, aufgrund der Funde im sogenannten Grab des Pollios Soter zu schließen, daß der “ägyptische Totenkult in der Kaiserzeit einer multikulturell orientierten Gesellschaft eine gemeinsame Identifikation ermöglichte”, halte ich für gewagt, da zum einen in diesem Falle ein in seinem Umfang singulärer Befund vorliegt, zum anderen der Bestattete und seine Gemahlin bestenfalls ein Beispiel für die soziale Schicht sein können, aus der sie stammen, nämlich gewiß der Oberschicht.

Mit dem sechsten Kapitel verläßt K. L. scheinbar das bis dahin verfolgte Gliederungsschema nach kulturell-gesellschaftlichen Komplexen und wendet sich einer topographischen Größe zu (“Oasen, Ostwüste und oberer Nil — Kulturbegegnungen im Grenzbereich”). Hier werden die Oasen der Westwüste, die Steinbrüche und Häfen der Ostwüste sowie das unternubische Gebiet zusammengefaßt unter den in den bisherigen Kapiteln für das Niltal angewandten Gesichtspunkten besprochen, nämlich Tempel und Kulte, Urbanität und Ökonomie. Entsprechend der Fundsituation werden für die Oasen der Westwüste in erster Linie Gräber aus griechisch-römischer Zeit vorgestellt, Tempel nehmen schon bedeutend weniger Platz ein, Profanbauten schließlich werden nur anhand eines Beispiels vorgestellt. K. L. kommt zu dem Schluß, daß sich die Kultur in den westlichen Oasen von der im Niltal kaum unterschieden habe, man also von einer engen Anbindung ausgehen könne. Für das römische Unternubien werden der Tempelbau, hier besonders in der frühen Kaiserzeit, und die militärische Nutzung dieser Tempel ab der Zeit Diokletians hervorgehoben, die sich bis in die Thebais und die Oasen nachweisen läßt. Beides stand im Zusammenhang der Sicherung des oberägyptischen Raumes, der Tempelbau mit dem Ziel, die Priesterschaften zu saturieren, die stärkere militärische Befestigung zwecks Abwehr innerer Unruhen und äußerer Einfälle, etwa durch die Blemmyer.

Bei der Behandlung der Ostwüste steht klar der ökonomische Gesichtspunkt im Vordergrund, nämlich die Bergbauunternehmungen in Berenike Panchrysia, am Mons Claudianus und am Mons Porphyrites und der Handel über die Häfen des Roten Meeres.

Das siebte Kapitel, beigesteuert von G. V., beschäftigt sich mit den verschiedenen Schriftsystemen, die im römischen Ägypten gebräuchlich waren, sowie mit der Beschaffenheit der Verwaltung und dem Wandel ihrer Institutionen (“Schrift und Verwaltung”). Zunächst geht G. V. auf die verschiedenen Schriften des Ägyptischen in der Römerzeit, das Hieroglyphische, das Hieratische und das Demotische, ein und erläutert ihre Anwendungsbereiche sowie die Wandlungen, die besonders das Hieroglyphische in dieser späten Zeit durchlief. Dabei wird die enge Bindung der ägyptischen Schriften an die heidnisch-ägyptische Religion einerseits, die Verdrängung durch das Griechische als Verwaltungssprache andererseits als Ursache ihres Niederganges herausgestellt. Anschließend wendet er sich der Verwaltungsstruktur des römischen Ägypten zu; dazu werden die Funktionäre und Institutionen zunächst der Zentral- , dann der Regionalverwaltung mit ihren jeweiligen Kompetenzen vorgestellt, etwa der praefectus Aegypti, der iuridicus, der idios logos und der strategos. Dabei wird für die Zentrale die starke Kontrolle über die Priesterschaften durch den “Erzpriester”, für die regionale Ebene das Amt des Strategen hervorgehoben. Besonderen Raum nimmt schließlich die Schilderung des Liturgie- und Steuerwesens ein, eingerahmt durch die Behandlung der beiden wichtigsten Zäsuren in der römischen Zeit Ägyptens, der constitutio Antoniniana 212 und den Reformen des Diokletian nach 284.

Im achten und letzten Kapitel (“Spätantike und frühes Christentum in Ägypten”), das gleichzeitig auch das längste des Buches ist, setzt sich C. F. mit dem Aufkommen und der Ausgestaltung des christlichen Glaubens sowie der weiteren kulturellen Entwicklung am Nil auseinander. In diesem Rahmen wird die weitere Geschichte Ägyptens bis zur arabischen Eroberung (in den Jahren 639-646) skizziert und die Besonderheiten des frühen Christentums am Nil herausgestellt, nämlich in erster Linie die verschiedenen Formen des Mönch- und Eremitentums, wozu auf Texte wie auch auf archäologische Befunde zurückgegriffen wird. Für den Bereich der Kultur außerhalb des Christentums — das auf der Ebene des Volksglaubens nicht ohne Einflüsse der heidnischen Kultur bleiben konnte — wird eine Kontinuität zu der vorhergehenden Zeit festgestellt, die allerdings nicht ohne Neuerungen und Adaptionen zu denken ist, etwa im Falle der koptischen Sprache. Bei der Behandlung dieser kulturellen Themenfelder orientiert sich C. F. an der Gliederung des Gesamtwerkes, indem sie Unterkapitel etwa zum Totenkult, zu Siedlungsformen und Sprache vorlegt. Abgeschlossen werden Kapitel und Buch mit einem sehr kurzen Ausblick in das nachchristliche Ägypten unter dem Aspekt der Religionen Islam und Christentum.

Zusammenfassend kann gesagt werden, daß die Autoren ein sehr lesenswertes Buch vorgelegt haben, das besonders dem Laien, aber auch dem Fachmann einen guten Überblick über verschiedene Themenfelder im Römischen Ägypten liefert und darüber hinaus durch gelungene Gestaltung und kohärenten Aufbau die Lektüre zu einem Vergnügen macht.

Notes

1. Etwa: J. H. Breasted, Geschichte Ägyptens, Zürich 1936; Erich Hornung, Grundzüge der ägyptischen Geschichte, Darmstadt 1978.

2. Beispielsweise: Günter Vittmann, Ägypten und die Fremden im ersten vorchristlichen Jahrtausend, Mainz 2003; Günther Hölbl, Altägypten im Römischen Reich. Der Römische Pharao und seine Tempel. Römische Politik und altägyptische Ideologie von Augustus bis Diocletian, Tempelbau in Oberägypten, Mainz 2000; J. H. Johnson (Hg.), Life in a Multi-Cultural Society. Egypt from Cambyses to Constantine and Beyond, Chicago 1992.

3. Vgl. Heinen, Heinz, Vorstufen und Anfänge des Herrscherkultes im römischen Ägypten, in: Haase, Wolfgang (Hrsg.), ANRW II 18, 5, Berlin, New York 1995, S. 3144-3180, Taf. I-XII.