BMCR 2020.09.39

Rome and the Indian Ocean trade from Augustus to the early third century CE

, Rome and the Indian Ocean trade from Augustus to the early third century CE. Mnemosyne. Supplements, 418. Leiden: Brill, 2018. x, 355 p.. ISBN 9789004373099. $140.00.

Preview

Der Fernhandel zwischen dem Mittelmeerraum und Indien in der Antike ist in den letzten Jahren immer stärker in den Fokus der altertumswissenschaftlichen Forschung gerückt, wie sich an mehreren jüngeren Monographien ablesen lässt.[1] Zahlreiche kleinere Beiträge behandeln in exemplarischer Herangehensweise oftmals Einzelaspekte des transmaritimen Güteraustausches wie die wichtigsten Herkunftsorte und -regionen ausgewählter Handelsgüter.[2] Matthew Adam Cobb bewegt sich mit seiner neuen Monographie über Roms Osthandel also in einem nachgefragten Themenfeld und ist selbst mittlerweile ein ausgewiesener Kenner des antiken Fernhandels, seiner Akteure, Schauplätze und der Handelsgüter.[3] Nahezu zeitgleich erschienen ist ein von ihm herausgegebener Sammelband,[4] in dem auch namhafte Experten wie Himanshu Prabha Ray, Federico De Romanis, Raoul John McLaughlin und Pierre Schneider vertreten sind.

Cobb definiert in seiner Monographie einen Zeitrahmen, der für Untersuchungen zum überregionalen Warenaustausch im Altertum häufig gewählt wird: Berücksichtigt werden die Entwicklungen seit der Regierungszeit des Augustus, in die auch die römische Eroberung Ägyptens fällt, Händler aus dem Römischen Reich („Roman merchants”) also Zugang zu den Rotmeerhäfen erhalten und – auf den Spuren der Ptolemäer – am Osthandel partizipieren können. Nach zwei Höhepunkten der römischen Handelsaktivitäten im 1.Jh. n.Chr. und abnehmender Intensität seit dem 2.Jh. n.Chr. endet die Untersuchung im frühen 3. Jahrhundert n.Chr. Cobbs Ziel ist es, unter besonderer Berücksichtigung der neueren archäologischen Befunde, „to reassess earlier conclusions and to offer new arguments … about the nature of Roman participation in the Indian Ocean trade” (S. 18) und „to challenge a number of long-running theories, often originating from the early twentieth century scholarship, which continue to reappear (modified or unmodified) in more recent works” (S. 27). Die Studie konzentriert sich auf „Key Themes” wie „Development of Trade”, „Barter and Bullion”, „The Peak Period of Roman Trade”, „Schedules, Practicalities and Roman Diasporas” und „Indian Ocean Goods and Roman Society” (S. 5-8). Die Argumentationsstruktur ist an den wichtigen Faktoren des Warenaustauschs („Organisation and Finance”, „The Roman State and the Indian Ocean Trade”, „Trade Routes and Merchant Diasporas”, „Imports”, „Exports”, „Rome’s Trade Balance with India”, „The Peak of Roman Trade in the Indian Ocean”) ausgerichtet. In Abgrenzung zu älteren monographischen Untersuchungen zum großräumigen Güteraustausch im Altertum, deren Gliederung sich an den Herkunftsorten der Waren und dem Verlauf der Handelsrouten orientiert (siehe Anm. 1), wählt Cobb einen systematischen Zugriff.

Das Buch ist klar strukturiert. Der Einleitung (Kapitel 1), die insbesondere die Forschungsgeschichte skizziert, den Umgang mit den verschiedenen antiken Zeugnissen zum Fernhandel darlegt und den methodischen Zugriff erläutert, folgt ein Abriss über die Handelsaktivitäten der Ptolemäer (Kapitel 2). Dieses Kapitel ist grundlegend für das Verständnis des kaiserzeitlichen Warenaustausches zwischen dem Mittelmeer und den Anrainern des Indischen Ozeans: Motiviert durch die ptolemäische Nachfrage nach ostafrikanischen Kriegselefanten, entstanden an der westlichen Rotmeerküste im 3. und 2.Jh. v.Chr. die auch in den folgenden Jahrhunderten für den seegestützten Handel wichtigen Hafenplätze (Berenike, Myos Hormos) und Transportwege durch die Ostwüste nach Apollonopolis Magna (Edfu) und Koptos; diese infrastrukturellen Neuerungen wiederum waren die Voraussetzung dafür, dass den römischen Händlern – in Anknüpfung an entsprechende ptolemäische Aktivitäten – der für den sprunghaft steigenden Warenaustausch mit dem außermittelmeerischen Raum in der frühen Kaiserzeit unverzichtbare Vorstoß in die längst etablierten Handelsnetzwerke im Indischen Ozean gelingen konnte. In den folgenden Kapiteln werden die wichtigsten Aspekte der römischen Fernhandelsaktivitäten abgehandelt, wie z.B. die Organisation, Finanzierung und die Konstruktion geeigneter Schiffe (Kapitel 3), die Eingriffe der politischen Autoritäten des Römischen Reiches in den Fernhandel durch Steuererhebung und Sicherung der Handelswege (Kapitel 4), Handelsrouten und Händlerdiasporen (Kapitel 5), die importierten und exportierten Waren (Kapitel 6 und 7), die in der Forschung vieldiskutierte Frage von Roms Handelsbilanz im Indienhandel (Kapitel 8) sowie der Höhepunkt und die abnehmende Intensität römischer Handelsaktivitäten im Indischen Ozean (Kapitel 9).

Der Band zeichnet auf der Basis einer Vielzahl von Quellen und der Forschungsliteratur ein facettenreiches Bild des antiken Fernhandels. Er bietet aber inhaltlich nichts Neues. Auch die mit dem archäologischen Befund und numismatischen Zeugnissen begründete Feststellung, „that the first century CE, especially the latter first century, in fact represents the peak of Roman participation in the Indian Ocean trade” (S. 306) ist nicht als neues Forschungsergebnis zu verbuchen, zumal in einem so großen geographischen Raum mit unterschiedlichen oder zeitlich gegeneinander verschobenen Entwicklungen gerechnet werden muss. Auch die Würdigung der Rolle der Ptolemäer in der Etablierung mittelmeerischer Handelskontakte zu den Anrainerregionen des westlichen Indischen Ozeans ist nicht neu (S. 6), hier oder in Kapitel 2 hätte man sich entsprechende Literaturangaben gewünscht.[5] Offen bleibt die Frage, welchen Zeitpunkt Cobb als Schlusspunkt seiner Untersuchung ansetzt und ob er z.B. für den rapiden Rückgang des Gütertransfers in Ägypten von einem anderen Zeitfenster ausgeht als etwa für den westindischen Raum. Dieser Punkt wäre wichtig für die Ausführungen auf S. 174 zu einer „significant number of Roman merchants” aus der in der chinesischen Literatur als Da Qin bezeichneten Region, um mit dem Blick auf das China der Han-Dynastie und das Imperium Romanum Hinweise auf die Herkunft dieser Personen zu gewinnen und deren Agieren in den historischen Kontext einordnen zu können. Schließlich wirkten sich viele Entwicklungen, so im 2.Jh. n.Chr. die großflächige Ausbreitung einer Seuche („Antonine Plague”) und im 3.Jh. n.Chr. die sogenannte Reichskrise, in sehr unterschiedlicher Weise auf die verschiedenen Teile des Römischen Reiches und die Gesellschaftsschichten aus. Cobb spricht hier sehr allgemein von einem „modest downturn taking place from the early second century AD” (S. 306). Weiterführend wäre jedoch eher eine regionale Differenzierung.[6] Dies würde allerdings die Einbeziehung der politischen Strukturen und ihrer Entwicklung der in der Untersuchung berücksichtigten Regionen voraussetzen, um die für die Konjunkturschwäche und zurückgehenden Warenströme verantwortlichen Faktoren benennen zu können. Leider wird dieser Aspekt weitestgehend ausgeblendet.

An einigen Stellen haben sich Fehler eingeschlichen, so etwa in der Beschreibung der von Koptos nach Berenike führenden Route durch die ägyptische Ostwüste (S. 101): Nicht korrekt wiedergegeben ist die Schreibung der in der Tabula Peutingeriana bezeugten Toponyme Affrodites, Dydymos, Dios und Apollonos; es fehlen in der Liste das ebenfalls auf der Karte eingezeichnete Cenonnydroma (= Cenon Hydreuma) und Pernicide portum (= Berenike). Als richtige Namensform für die Station nach Apollonos auf der Route von Koptos nach Berenike im Itinerarium Antonini (173, 2) anzugeben ist Cabalsi und nicht Calabasi. Der lateinische Begriff für die Raststationen lautet mansiones (nicht masioneswie zweimal auf Seite 105). Weitestgehend in der Forschung akzeptiert ist die Ansetzung der letzten spätantiken Kopie der Tabula Peutingeriana im 5. Jahrhundert; wenn man das Gedicht Anthologia Latina Nr. 724 als Präfatio der Karte auffasst, wäre der Abschluss dieser Überarbeitung im Jahr 435 erfolgt.[7] Weitere, teils auch sehr viel ärgerlichere Fehler listet Roberta Tomber in ihrer Besprechung des Buches auf.[8] Mehrere neuere Publikationen konnte Cobb nicht mehr berücksichtigen.[9] In der zukünftigen Forschung zum Fernhandel im westlichen Indischen Ozean mehr Beachtung finden müsste sicherlich die in den letzten Jahren verstärkte archäologische Arbeit in Eritrea und in Somaliland.[10]

Cobb präsentiert einen kenntnisreichen Überblick zum Osthandel, der sich auf eine breite Quellengrundlage stützt und den aktuellen Stand der Forschung widerspiegelt. Sein Verdienst ist es zweifellos, eine gelungene und auf umfangreichen eigenen Recherchen basierende Zusammenschau der jüngeren wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Osthandel zu bieten. Sein Buch wird auch angesichts der ständig wachsenden und fast unüberschaubaren Literaturfülle weiteren Studien zur Thematik als Hilfsmittel willkommen sein.

Notes

[1] So z.B. Gary K. Young, Rome’s Eastern Trade: International Commerce and Imperial Policy, 31 BC-AD 305, London/New York 2001; Raoul McLaughlin, Rome and the Distant East: Trade Routes to the Ancient Lands of Arabia, India and China, London/New York 2010; Ders., The Roman Empire and the Indian Ocean: The Ancient World Economy and the Kingdoms of Africa, Arabia and India, Barnsley 2014.

[2] Stellvertretend für viele seien hier nur folgende jüngere Publikationen genannt: Manuel Albaladejo Vivero, “Textile Trade in the Periplus of the Erythraean Sea,” in Margarita Gleba/Judit Pásztókai Szeőke (Hrg.), Making Textiles in Pre-Roman Times: People, Places, Identities, Oxford 2013 (= Ancient Textile Series 13), 142-148; Monika Schuol, “Globalisierung in der Antike? Seegestützter Fernhandel zwischen Rom und Indien,” in Orbis Terrarum 12, 2014, 273-286; Katia Schörle, “Pearls, Power and Profit: Mercantile Networks and Economic Considerations of the Pearl Trade in the Roman Empire,” in Federico De Romanis/Marco Maiuro (Hrg.), Across the Ocean: Nine Essays on Indo-Mediterranean Trade, Leiden 2015 (= Columbia Studies in the Classical Tradition 41), 43-54; Eivind Heldaas Seland, “The Periplus of the Erythraean Sea: A Network Approach,” in Asian Review of World Histories 4, 2016, 191-205.

[3] Matthew Adam Cobb, “The Reception and Consumption of Eastern Goods in Roman Society,” in Greece & Rome 60, 2013, 136-152; Ders., “The Exchange of Goods from Italy to India during the Early Roman Empire: The Range of travelling Times,” in Ancient West & East 13, 2014, 89-116; Ders., “The Chronology of Roman Trade in the Indian Ocean from Augustus to Early Third Century CE,” in Journal of the Economic and Social History of the Orient 58, 2015, 362-418; Ders., “Balancing the Trade: Roman Cargo Shipments to India,” in Oxford Journal of Archaeology 34, 2015, 185-203; Ders., “Black Pepper Consumption in the Roman Empire,” in Journal of the Economic and Social History of the Orient 61, 2018, 519-559.

[4] Matthew Adam Cobb (Hrg.), The Indian Ocean Trade in Antiquity: Political, Cultural and Economic Impacts, London 2018.

[5] Vgl. z.B. R. Mc Laughlin (wie Anm. 1), Rome and the Distant East, 24-24; Andrew Wilson, “Red Sea Trade and the State,” in F. De Romanis & M. Maiuro (wie Anm. 4), Across the Ocean, 13-32, hier 13-20.

[6] Klaus-Peter Johne/Udo Hartmann, “Krise und Transformation des Reiches im 3. Jahrhundert,” in Dies. &Thomas Gerhardt (Hrg.), Die Zeit der Soldatenkaiser. Krise und Transformation des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n. Chr. (235–284), Band II, Berlin 2008,1025-1053; vgl. dazu jetzt auch Lukas de Blois, Image and Reality of Roman Imperial Power in the Third Century AD: The Impact of War, Abington 2019, 132-175; Nikolas Hächler, Kontinuität und Wandel des Senatorenstandes im Zeitalter der Soldatenkaiserzeit. Prosopographische Untersuchungen zu Zusammensetzung, Funktion und Bedeutung des amplissimus ordo zwischen 235-284 n.Chr., Leiden 2019 (= Impact of Empire 33).

[7] So bereits Ekkehard Weber, Tabula Peutingeriana: Codex Vindobonensis 324, Kommentar, Graz 1976, 22; vgl. auch Ders., “Die Datierung des antiken Originals der Tabula Peutingeriana,” in Orbis Terrarum 14, 2016, 229-258, hier 250-253; Michael Rathmann, Tabula Peutingeriana. Die einzige Weltkarte aus der Antike, Darmstadt 2018 (3. Aufl., Nachdruck 2019), 8-10.

[8] Roberta Tomber, in: Classical Review 69/2, 2019, 540-542.

[9] Vgl. z.B. Nathanael J. Andrade, The Journey of Christianitiy to India in Late Antiquity: Networks and the Movement of Culture, Cambridge 2018; Andrea Jördens, “Roman Alexandria, Queen of the Mediterranean and Arabian Seas,” in Nikolas Jaspert/Sebastian Kolditz (Hrg.), Entre mers – Outre mer: Spaces, Modes and Agents of Indo-Mediterranean Connectivity, Heidelberg 2018, 77-91 und Andrew Wilson/Alan Bowman (Hrg.), Trade, Commerce, and the State in the Roman World, Oxford 2018 (= Oxford Studies on the Roman Economy).

[10] Sada Mire, “Mapping the Archaeology of Somaliland: Religion, Art, Script, Time, Urbanism, Trade and Empire,” in African Archaeological Review 32 (2015) 111-136; Anna M. Kotarba-Morley, “The Maritime Context of the trans-Mediterranean-Indian Ocean Trade: Critical Review of Roman Era Vessels of the Red Sea,” in In Dionysius A. Agius/Emad Khalil/Eleanor M. L. Scerri/Aluin Williams (Hrg.), Human Interaction with the Environment in the Red Sea: Selected Papers of Red Sea Project VI, Leiden; Boston 2017, 171-206; Ralph K. Pedersen, “Nautical Archaeology Surveys near Jeddah, 2012-2013, and their Connections to the Study of Red Sea Commerce,” in Andrea Manzo/Chiara Zazzaro/Diana Joyce de Falco (Hrg.), Stories of Globalization: The Red Sea and the Gulf from Late Prehistory to Early Modernity. Selected Papers of Red Sea Project VII, Leiden; Boston 2019, 301-313, hier 308. 312.